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Dieses Interview wurde von Simon Stahl geführt und ursprünglich in AWP Soziale Sicherheit, 13/2021 publiziert.
Das in Privathand befindliche Vermögen in der Schweiz hat sich seit der Jahrtausendwende verdoppelt. Werden wir immer reicher?
Florian Scheuer: Ja, das zeigen sowohl die Vermögensdaten pro Kopf als auch im Verhältnis zum BIP. Der Vermögenszuwachs ist zu einem beträchtlichen Teil darauf zurückzuführen, dass die Schweiz im Nachgang der Finanzkrise viel stärker zulegen konnte als andere Länder.
Was sind die Gründe dafür?
Florian Scheuer: Die Sparquoten haben sich erhöht, aber vor allem auch die Immobilienpreise sind hierzulande im internationalen Vergleich enorm gestiegen.
Wie viel Vermögen in der Schweiz ist liquide?
Florian Scheuer: Etwa ein Viertel ist in der Vorsorge wie Pensionskassen gebunden. Fast die Hälfte der Vermögen sind Immobilien. Und der Rest ist zwar als liquide zu betrachten, wird aber meist auch nicht «verbraucht», was man an den steigenden Erbschaften sieht.
Das Vermögen pro Kopf in der Schweiz beträgt knapp eine halbe Million Franken – wir sind reich.
Florian Scheuer: Es handelt sich dabei nur um einen Durchschnittswert. Sehr Viele haben viel weniger und sehr Wenige haben viel mehr. Der Median liegt viel niedriger. Gemäss dem neusten Global Wealth Report der Credit Suisse sind es rund 135 000 Franken. Und in den USA liegt er relativ nahe bei null. Die Hälfte der US-Bevölkerung hat also kein Vermögen oder sogar Schulden, obwohl das Vermögen pro Kopf im Schnitt ebenfalls rund eine halbe Million US-Dollar beträgt. Generell gilt auch für die Schweiz, im internationalen Vergleich ist das Vermögen relativ ungleich verteilt.
Hier bildet das Fundament des Reichtums das Betongold. Könnte diese Vermögensblase bald platzen?
Florian Scheuer: Die Regulierung in der Schweiz ist sehr streng. Die hohen Tragbarkeitsregeln in der Schweiz schliessen aber aktuell viele Menschen wegen des zu niedrigen Einkommens vom Immobilienkauf aus.
Ein sicherer Immobilienmarkt bedeutet also auch gleichzeitig, dass sich kaum jemand mehr ein Eigenheim leisten kann?
Florian Scheuer: Ja, dieser Trade-off führt dazu, dass wir immer noch eine relative hohe Mietquote haben und ein grosser Teil der Leute davon ausgeschlossen war von den hohen Preissteigerungen der Immobilien in den letzten 20 Jahren zu profitieren. Reiche profitieren dafür umso mehr, weil sie im aktuellen Zinsumfeld neue Immobilien problemlos refinanzieren können.
Die Schere der Vermögen ging und geht also weiterhin auseinander. Welche Instrumente gäbe es, dies zu ändern?
Florian Scheuer: Es macht auch in der Schweiz immer noch einen steuerrelevanten Unterschied, ob ihr Einkommen aus Lohnarbeit besteht oder ob es aus Kapitalgewinnen stammt. Da in der Schweiz Kapitalgewinne steuerfrei sind, wird oft auf die Vermögenssteuer hingewiesen, die als Ausgleich fungieren soll. Diese fällt aber in den meisten Kantonen so moderat aus, dass keine wesentliche Umverteilung der Vermögen stattfindet.
Hat die Pandemie bestehende Trends in der Vermögensungleichheit verschärft?
Florian Scheuer: Ganz klar. Das grosse Kapital ist unbeschadeter durch die Krise gekommen als der Kleinsparer. Weltweit mussten kleinere Vermögen etwa wegen Lohnausfällen angezapft werden. Grosse Vermögen sind hingegen eher noch weiter angewachsen.
Eine stärkere Belastung der Kapitaleinkünfte würde die Ungleichheit mildern?
Florian Scheuer: Das wäre denkbar, denn die Kapitaleinkommen sind bei den Superreichen konzentriert.
Dieses Interview wurde von Simon Stahl geführt und ursprünglich in AWP Soziale Sicherheit, 13/2021 publiziert.
Das in Privathand befindliche Vermögen in der Schweiz hat sich seit der Jahrtausendwende verdoppelt. Werden wir immer reicher?
Florian Scheuer received his PhD from MIT in 2010. He is interested in the policy implications of rising inequality, with a focus on tax policy. In particular, he has worked on incorporating important features of real-world labor markets into the design of optimal income and wealth taxes. These include economies with rent-seeking, superstar effects or an important entrepreneurial sector, frictional financial markets, as well as political constraints on tax policy and the resulting inequality. His work has been published in the American Economic Review, the Journal of Political Economy, the Quarterly Journal of Economics and the Review of Economic Studies, among other journals. In 2017, he received an ERC starting grant for his research on “Inequality - Public Policy and Political Economy.” Before joining Zurich, he was on the faculty at Stanford, held visiting positions at Harvard and UC Berkeley and was a National Fellow at the Hoover Institution. He is Co-Editor of Theoretical Economics and Member of the Board of Editors of the Review of Economic Studies. He is also a Co-Director of the working group on Macro Public Finance at the NBER. He has commented on tax policy in various US and Swiss media outlets.
Florian Scheuer received his PhD from MIT in 2010. He is interested in the policy implications of rising inequality, with a focus on tax policy. In particular, he has worked on incorporating important features of real-world labor markets into the design of optimal income and wealth taxes. These include economies with rent-seeking, superstar effects or an important entrepreneurial sector, frictional financial markets, as well as political constraints on tax policy and the resulting inequality. His work has been published in the American Economic Review, the Journal of Political Economy, the Quarterly Journal of Economics and the Review of Economic Studies, among other journals. In 2017, he received an ERC starting grant for his research on “Inequality - Public Policy and Political Economy.” Before joining Zurich, he was on the faculty at Stanford, held visiting positions at Harvard and UC Berkeley and was a National Fellow at the Hoover Institution. He is Co-Editor of Theoretical Economics and Member of the Board of Editors of the Review of Economic Studies. He is also a Co-Director of the working group on Macro Public Finance at the NBER. He has commented on tax policy in various US and Swiss media outlets.